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Zusammengefasste Entwicklung im Monschauer Land während der französischen Fremdherrschaft (1794 - 1814)

Mit dem Einzug der Franzosen sowie mit der Einführung der französischen Rechtsordnung und Verwaltung brach das morsche mittelalterliche System, das partikularistische Konglomerat der vielen Eifeldynastien wie ein Kartenhaus zusammen. Es verschwanden die vielen weltlichen und geistlichen Herrschaften, die jahrhundertelang das politische Bild der Eifel bestimmt hatten. Nach dem Grundsatz der Gleichheit hatten die Adeligen nun nicht mehr das alleinige Fischrecht, und sie genossen nicht mehr Steuerfreiheit wie bisher. Für alle galten die gleichen Rechte. Für die Bauern fielen Frondienste und Zehntabgaben weg. Es begann die Epoche des Bürgertums mit der Freiheit für Handel und Gewerbe.

 Die französische Fremdherrschaft war einerseits gekennzeichnet von der Beseitigung der Kleinstaaterei und der Privilegien der Aristokratie, andererseits aber auch von fast unerträglichen Bedrückungen, von einer unermesslichen Ausplünderung der Bevölkerung zugunsten des machthungrigen Frankreichs und seines kriegführenden Heeres, welche von vielen Menschen mit dumpfem Groll quittiert wurden. Durch Ablieferungen, Steuerdruck und Assignatenwirtschaft, durch Sperrung der alten Handelsbeziehungen usw. sank die Tuchindustrie von ihrer Höhe herab und sollte sich nie mehr völlig erholen. Viele Menschen verloren ihre Arbeit, gerieten in Not und Armut. Die Unzufriedenheit der Bauern wuchs. Ihre Produkte fanden im Westen kaum Absatz, während ihnen im Osten durch den Rhein als starrer Zollgrenze der Markt versperrt blieb. Selbst dort, wo Steinbrüche, Kalkwerke, Erzgruben, Eisenhütten und Hammerwerke – bedingt durch Napoleons Kriege – voll im Einsatz standen, die Menschen folglich Arbeit hatten und zufrieden waren, war dies keine langfristige, stabile Entwicklung, sondern abhängig von Siegen und Niederlagen in den kriegerischen Auseinandersetzungen.

 Es gab auch Phasen der französischen Fremdherrschaft, in denen die Entwicklung in relativ ruhigen Bahnen verlief. Eine im wesentlichen kluge und gemäßigte Gesetzgebung erbrachte sichtbare kulturelle Fortschritte und bessere Lebensverhältnisse für die Menschen. Ein einheitliches Münz- und Maßsystem führten die Franzosen ein. Sie begannen mit einer systematischen topographischen Landesaufnahme unseres Gebietes im Maßstab 1 : 20 000, welche dann die nachfolgende preußische Verwaltung vollendete. Die wichtigste Errungenschaft der Franzosenzeit war die Einführung eines einheitlichen Rechtssystems, das im Code civil zusammengefasst war und für alle Bürger gleichermaßen Geltung erhielt. Das ungerechte mittelalterliche Rechtswesen wurde damit außer Kraft gesetzt.

 Infolge dieser fortschrittlichen Maßnahmen bildete sich im Laufe der Zeit partiell eine profranzösische Stimmung in der Bevölkerung heraus. Sie war getragen von teilweise großer Bewunderung für Napoleon und äußerte sich in mannigfaltigen Ergebenheits- und Zustimmungsbekundungen. Vor allem ist diese Einstellung wohl damit zu erklären, dass die von den Franzosen verfügte Annulierung vieler mit dem früheren Herrschaftssystem verbundener rechtlicher und sozialer Ungerechtigkeiten von zahlreichen Menschen als fortschrittliche Großtat empfunden wurde. Sie erschien ihnen als Ausgangsposition für die Herausbildung einer gerechteren Ordnung ihres Zusammenlebens, zumal die französische Revolutionslosung „Freiheit - Gleichheit - Brüderlichkeit“ genau dies versprach. Letztendlich jedoch blieb der einschneidende Durchbruch zu andauernder wirtschaftlicher Prosperität und zu beständiger materieller und sozialer Sicherheit aus, wobei sich die Probleme mit der Zeit sogar noch verschärften.

 So war auch nicht zu übersehen, dass viele Menschen, insbesondere auf dem Lande, nur gezwungenermaßen oder gar nicht an den angeordneten bzw. befohlenen napoleonischen oder republikanischen Feiern teilnahmen. Die in eine pathetische, überzogene und gespreizte Ausdrucksweise gekleideten politischen Verheißungen der Franzosen hatten sich angesichts ihres offensichtlichen Widerspruchs zu den realen Lebensverhältnissen der Menschen zunehmend als demagogische Phraseologie entlarvt.

 Für viel Unmut in der Eifel-Bevölkerung sorgte der Umgang der Franzosen mit der Kirche und der Geistlichkeit in Anwendung ihrer scharfen antikirchlichen Gesetze. So zwang man die Geistlichen z.B. zu einer Eidesleistung, die mit dem Satz begann: „Ich schwöre Hass dem Königtum und der Monarchie“. Die meisten Priester verweigerten diesen Eid. Kerkerhaft oder Verbannung waren die Folge. Manche Priester hielten sich verborgen, lasen öfters nachts in Privathäusern die Messe und spendeten die Sakramente. Wenn auch um die Jahrhundertwende Napoleon mit der Kirche „Frieden schloss“, die Geistlichen fortan unbehelligt ließ und ihnen ein Gehalt zahlte, blieb das Verhältnis der Bevölkerung zum französischen Staat angesichts der rigorosen Enteignungen in Kirchenfragen getrübt. Die Franzosen zogen die kirchlichen und klösterlichen Ländereien und andere Besitztümer ein und verkauften oder versteigerten sie an private Firmen oder Personen, die sie für profane Zwecke nutzten. Oftmals wurden das reiche Inventar der Kirchen und Klöster sowie die Schätze der Bibliotheken regelrecht verschleudert. Etwa 80 Abteien und Klöster waren in der Eifel von diesen Maßnahmen betroffen. Die Eifel war durch diesen brutalen Akt der Franzosen ein ganzes Stück ärmer geworden. Auch die verlassenen Schlösser wurden auf Abbruch versteigert.

 Und als in den letzten fünf Jahren der Fremdherrschaft die mit der napoleonischen Kriegsführung einhergehenden vielfältigen und harten Belastungen wieder merklich anstiegen, verstärkte sich bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung die Unzufriedenheit. Immer mehr junge Männer – auch des Kantons Montjoie – wurden zu den Waffen gerufen. Die einen befolgten den Gestellungsbefehl, andere versteckten sich in den Wäldern, sodass auf die Fahnenflüchtigen z.T. regelrechte Jagden veranstaltet wurden. Es ist wohl nie festgestellt worden, wie viele Bewohner des Kantons auf den Schlachtfeldern unter den französischen Fahnen ihr Leben verloren haben. Eine wachsende Zahl von Bürgern empfand nicht nur aus rein materiellen, sondern auch aus seelischen und geistigen Gründen die Herrschaft der Franzosen als zunehmend unerträglich. In der Tat hatte Napoleon den Bogen überspannt. Der katastrophale Rückzug seines Heeres aus dem eisigen Russland (1812) und die verlorenen Schlachten der Befreiungskriege (Leipzig 1813 und Waterloo 1815) brachten ihn endgültig zu Fall. Die Eifel hörte auf, ein Teil Frankreichs zu sein.

 Insgesamt gab es während dieser Zeit eine sehr widersprüchliche Stimmung in der Bevölkerung. Die Menschen befanden sich gewissermaßen in einem Wechselbad zwischen deutschem und französischem Nationalgefühl. Im Grunde genommen hatten 20 Jahre französische Fremdherrschaft viele, zunächst optimistisch gestimmte Menschen inzwischen doch eines anderen belehrt, denn arm und hilflos war das Land wie nie zuvor, als es 1815 an Preußen fiel. Der grundsätzlich franzosenfreundlichen Stimmung eines anderen Teiles der Bevölkerung tat dies jedoch erstaunlich wenig Abbruch. Sie hielt bis zum Ende der Franzosenzeit an und wirkte vielerorts noch lange nach. Die Bilder Napoleons, die in manchem Wohnzimmer, noch viele Jahre nach der Franzosenzeit zu sehen waren, sind dafür beredte Zeugnisse. Nicht zuletzt deshalb war eine Begeisterung über den Anschluss an Preußen in weiten Bevölkerungskreisen weder in der Stadt noch auf den Dörfern durchgängig zu finden. Aber vor allem auch jahrhundertelange bittere Erfahrungen hatten das Misstrauen zahlreicher Menschen gegen jegliche menschenfeindliche Ausübung politischer Macht verhärtet.

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